„Reisende soll man nicht aufhalten.“ – diesen Spruch kennt im Handwerk vermutlich jeder. Im Grunde ist das auch nicht falsch. Wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter schon den Entschluss gefasst hat, den Arbeitsplatz zu wechseln, ist es in der Regel ohnehin zu spät. Damit es aber erst gar nicht dazu kommt, erfährst Du in in diesem Artikel welche drei Fehler bei der Mitarbeiterbindung im Handwerk unbedingt vermieden werden sollten.
Bedeutung von Mitarbeiterbindung im Handwerk wird unterschätzt
Bestehendes Fachpersonal zu schätzen wissen
Im Handwerk werden händeringend neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht. Jeder Betrieb möchte dabei natürlich kompetente Arbeitskräfte einstellen. Dabei wird das Team, das schon im Betrieb ist, oft völlig aus den Augen verloren. Es hat sich eine Selbstverständlichkeit eingeschlichen, weil das Team schon mehrere Jahre loyal an der Seite des Unternehmens stehen. „Meine Leute sind schon seit Jahren bei mir, die wechseln nicht“, hört man immer wieder.
Gleichzeitig werden neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit tollen Job-Angeboten, hohen Wechselprämien und Gehaltserhöhungen gelockt. Dass das eigene Team davon mitbekommen, wird regelmäßig verdrängt. „Die bestehenden Handwerkerinnen und Handwerker habe ich ja schon.“ Und schon macht sich intern unweigerlich die Unzufriedenheit breit.
Abwerben Deines Teams verhindern
Durch die hohe Nachfrage an neuem, gutem Personal entsteht nebenher ein zweites Problem: Andere Betriebe und Unternehmen haben es auf Deine Fachkräfte abgesehen. Denn genauso wie Du versuchen sie händeringend dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, indem sie Handwerkerinnen und Handwerker von einem Wechsel zu ihrem Unternehmen zu überzeugen. Und so passiert es auch mit Deinem Team. Es ist sogar schon so weit gekommen, dass Headhunter versuchen, auf Baustellen gezielt Handwerkerinnen und Handwerker abzuwerben.
Es ist also fatal zu glauben, dass Mitarbeiterbindung im Handwerk kein Thema ist, nur weil das Team schon seit längerem im Unternehmen ist. Neues Fachpersonal zu finden ist aktuell ohnehin schwierig und vor allem auch teuer. Wenn jetzt gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen, wird diese Baustelle nur noch größer.
Fehlende Systeme und Prozesse für die Mitarbeiterbindung im Handwerk
Um Arbeitskräfte gezielt an das eigene Unternehmen zu binden, bedarf es effektiven Systemen und Prozessen, damit Maßnahmen auch tatsächlich greifen. Denn die Mitarbeiterbindung im Handwerk ist ein dauerhafter Prozess. Will ein kompetenter und wichtiger Mitarbeiter gehen, ist im Vorfeld bereits etwas schiefgelaufen.
Wichtig ist, dass solche Prozesse und Systeme für eine erfolgreiche Mitarbeiterbindung im Handwerk gleich am ersten Tag der Zusammenarbeit greifen. Gute Mitarbeiterbindung fängt bereits mit der Begrüßung, dem On-Boarding und der Einarbeitung an. Fühlt sich ein neuer Mitarbeiter professionell aufgenommen oder weiß außer der Unternehmensführung keiner, dass jemand Neues anfängt? Wenn die ersten Stunden und Tage chaotisch sind, sinkt die Anfangsmotivation sofort. Zum anderen ist es wichtig, dass es auch tatsächlich zur Umsetzung von den versprochenen Angeboten im Stellenangebot und Bewerbungsgespräch kommt.
Dabei gibt es sicherlich Benefits und Zusatzleistungen, die von Anfang an oder erst nach der Probezeit greifen. Wie werden diese Zusatzleistungen kommuniziert? Wird nur in einem Nebensatz erwähnt, dass man auch ein Job-Fahrrad oder eine betriebliche Altersvorsorge bekommen könnte? Oftmals höre ich in Gesprächen immer wieder: „Wenn das jemand will, können sie sich ja melden.“
Das ist allerdings kein Prozess. Wenn es einem Unternehmen wichtig ist, dass sich das Team wohl- und wertgeschätzt fühlt, sorgt man für eine gute Aufklärung, entweder durch geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder durch externe Beratung.
Mein Tipp: Mache Dir einen genauen Ablaufplan von der Einstellung, über das Onboarding, die Einarbeitung bis hin zur Umsetzung der versprochenen Zusatzleistungen. Gerade für die Mitarbeitervorteile macht es Sinn, einen Überblick darüber zu haben, wann was umgesetzt wird.
Die falschen Maßnahmen für die Mitarbeiterbindung im Handwerk ergreifen
Zur Mitarbeiterbindung im Handwerk werden oft gar keine oder die falschen Maßnahmen ergriffen. Mitarbeiterbindung unterscheidet man in vier zentrale Bereiche: perspektivische, nominative, emotionale und rationale Bindung.
Die perspektivische Bindung hängt mit dem beruflichen Aufstieg, den Weiterbildungsmöglichkeiten und der damit zusammenhängenden, steigenden Verantwortung zusammen.
Bei einer nominative Bindung spricht man von der Identifikation mit den Werten des Unternehmens. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lernen die Werte und Visionen kennen und teilen diese. Sie wissen, wie wichtig sie für den Betrieb sind und sind dankbar, dabei sein zu dürfen.
Eine emotionale Bindung besteht, wenn Mitarbeiter die Wertschätzung spüren, sie einen Sinn in ihrer Arbeit sehen und ein gutes Verhältnis zur Führungsebene und zum Team pflegen.
Zur rationalen Bindung gehören flexible Arbeitszeitmodelle, Bonussysteme sowie gute Altersvorsorge- und Gesundheitsleistungen.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich Handwerksunternehmen vorwiegend auf die emotionale Bindung konzentrieren. Am Ende kommt es allerdings auf eine gute Mischung an. Entscheidungen werden zwar in der Regel emotional getroffen, jedoch rational begründet. Wenn es also keine ausreichend rationalen Gründe gibt, ist die Bindung oft in Gefahr.
Fazit zur Mitarbeiterbindung im Handwerk
„Reisende soll man nicht aufhalten“ ist schlussendlich also grundsätzlich richtig, hat aber mit einer erfolgreichen Mitarbeiterbindung im Handwerk nichts zu tun. Diese Bindung findet vorher statt, um wichtige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglichst lange zu halten. Demnach sollte man sich stets die Frage stellen, ob man alles Nötige tut, um dieses Verhältnis zu fördern. Denn nur, wenn man die dargelegten Fehler vermeidet, kann man sich auf die Loyalität des Teams ein stückweit mehr verlassen.