In Zeiten des Fachkräftemangels und des heutigen Trends zum Studieren sind gute Auszubildende und Mitarbeitende im Handwerk ein kostbares Gut. Umso wichtiger ist es, deren Zufriedenheit zu fördern und außerdem in die Zukunft des Handwerks und somit die neue Generation zu investieren.
Im Interview zwischen dem Finanzdienstleister Felix Sirotek und Handwerks-Unternehmer Merlin Römer haben die beiden einen Blick auf die Zukunft des Handwerks geworfen sowie über den Leitgedanken und das Erfolgsrezept Römers und seinem Elektrotechnik-Betrieb gesprochen. Vielleicht ist für Dich sogar der eine oder andere Tipp dabei, um die Zufriedenheit des eigenen Teams zu steigern und die Mitarbeitenden fortlaufend an das Unternehmen zu binden.
Die Zukunft des Handwerks – Über Digitalisierung und Nachhaltigkeit
Felix Sirotek: Welche Perspektiven siehst du zukünftig für das deutsche Handwerk?
Merlin Römer: Das Handwerk geht mit der Zeit mit, vor allem was die Digitalisierung und Nachhaltigkeit betrifft. Ohne digitale Technik auf der Baustelle und im Büro wird in Zukunft kein Betrieb mehr auskommen. Wir haben jetzt schon von Rapportzettel auf Tablet umgestellt und gestalten die Verwaltung weitestgehend papierlos.
Zum Erreichen der politisch anvisierten Ziele zum Klimaschutz und zur Nachhaltigkeit braucht es auch Spezialisten und Dienstleister, die die erforderlichen Veränderungen und somit die Zukunft des Handwerks umsetzen können. Unsere Aufträge und unsere Arbeit machen mehr Nachhaltigkeit im Bereich Immobilien, Gewerbe und Elektromobiltät erst möglich.
Obwohl im Handwerk zu arbeiten viel greifbarer ist als ein Bürojob – ein Bäcker bäckt, ein Schneider schneidert – suchen viele dennoch nach einem komfortablen Job im Büro. Die traditionellen Handwerksberufe, wie Maurer, Elektriker oder Zimmermann sind keinesfalls altbacken und knochenhart, sondern so zukunftssicher und spezialisiert wie nie. Wer heute bauen will und sich auf die Suche nach den passenden Handwerkern begibt, wird sich dann über deren Mangel bewusst. Dadurch wird das Handwerk wieder mehr geschätzt und steigt sowohl im Ansehen als auch in der Entlohnung.
Ich hoffe, dass die Menschen diesen Trend erkennen und sich für einen Beruf im Handwerk entscheiden. Egal ob sie auf der Suche nach einer Ausbildung, einer Umschulung, einem Jobwechsel, oder einem Wiedereinstieg sind.
Felix Sirotek: Auf welche technologischen Besonderheiten legt ihr euren Fokus? Was ist dabei besonders herausfordernd?
Merlin Römer: Smart Home ist ja in aller Munde, in meinen Augen hat das aber in den meisten Fällen nichts mit Intelligenz oder Energiesparen, sondern eher mit Bequemlichkeit zu tun. Einen finanziellen Vorteil hat der Kunde jedenfalls kaum.
Interessant wird es erst bei der sogenannten Sektorenkopplung: Hinter dem Begriff verbirgt sich die Regelung und Automatisierung von Energiegewinnung und Energieverbrauch eines Gebäudes. Beispielsweise werden Photovoltaikanlage und Batteriespeicher eines Einfamilienhauses mit der Gebäudeautomatisierung, der Elektroauto-Ladestation und der Wärmepumpe gekoppelt. Eine gemeinsame Steuerung regelt intelligent anhand von Nutzungsprofil und Wetterdaten den Energieverbrauch abhängig von der Energiegewinnung. Das ist wirklich smart, weil es die Energieeffizienz der Immobilie steigert und sich nach einigen Jahren schließlich amortisiert.
Die Herausforderung für mich ist dabei im Moment noch die aufeinander abgestimmte Auswahl der Komponenten und für meine Mitarbeitenden ist es die Inbetriebnahme. Da muss man wirklich sorgfältig sein. Aber es ist auch wieder ein Ausblick, dass im Handwerk immer mehr Spezialisten mit Köpfchen gebraucht werden.
Mehr Wertschätzung und Engagement in der Zukunft des Handwerks
Felix Sirotek: Was wünscht du dir für den Handwerksberuf?
Merlin Römer: Grundsätzlich wünsche ich mir mehr Anerkennung und Sichtbarkeit für alle Handwerksberufe. Und diese sollte sich über bessere Preise schließlich an der Entlohnung für die Mitarbeitenden bemerkbar machen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten sich die Unternehmen mehr als Kollegen und weniger als Konkurrenten betrachten und sich gegenseitig und Ihre Branche durch Kooperationen und Impulse voranbringen.
Ein Beruf mit Perspektive
Felix Sirotek: Wer ist in deinen Augen für den Handwerksberuf geeignet?
Merlin Römer: Ins Handwerk berufen sollten sich alle Frauen und Männer fühlen, die das Ergebnis Ihrer Arbeit anfassen oder anschauen wollen. Alle Gedanken, die sie sich zuvor über Material, Umsetzung und Arbeitsablauf gemacht haben, führen zu einem Ergebnis, das sichtbar oder greifbar ist. Ein sehr befriedigendes Erlebnis, etwas Neues, Funktionierendes zu schaffen. Es sind Berufe für Menschen, die Kreativität, Leidenschaft und Fleiß mitbringen.
Wer das erfüllt und nicht unbedingt einen Bürojob sucht, hat im Handwerksberuf gute Aufstiegschancen und Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Das klappt sogar ohne Einserzeugnis oder Gesellenbrief. Hauptsache, man ist engagiert.
Erfolgsrezept für ein zufriedenes Team
Felix Sirotek: Was können andere Handwerksunternehmen von dir und deinem Team lernen?
Merlin Römer: Meine Devise lautet: Erst eine gute Ausrüstung schafft die Voraussetzung für gute Arbeit. Daher hat jeder Monteur ein fest zugewiesenes, neues Fahrzeug. Werkzeug und Arbeitsmaschinen soll meinem Team die Arbeit erleichtern. Verbesserungsvorschläge werden erst ausprobiert und dann bewertet.
Wir haben eine flache Hierarchie. Ich bin für jeden ein persönlicher Ansprechpartner, auch wenn es privat mal zwickt. Mir ist besonders die gegenseitige Fairness wichtig, auch wenn mal ein ernstes Wort gesprochen oder Kritik geübt werden muss. Und das gilt in beide Richtungen. Besonders stolz bin ich auf das gute Miteinander in der Firma. Gegenseitiges Lernen und Lehren, sowie Hilfsbereitschaft untereinander sind die besten Voraussetzungen, um motiviert zu arbeiten.
Felix Sirotek: Welchen Rat würdest du geben, um Mitarbeitende zu gewinnen und langfristig zu halten?
Merlin Römer: Ich gebe lieber einem Bewerber mehr die Chance sich vorzustellen und bei mir zu arbeiten, als vorschnell jemandem abzusagen. Gleichzeitig muss man aber auch ehrlich miteinander sein, wenn es nicht (mehr) passt, da schlechte Stimmung eines Einzelnen das ganze Team herunterziehen kann.
Hat man dann einen guten Mitarbeitenden gefunden, gilt es diesen durch Einarbeitung, Schulung und Weiterbildung aufzubauen. Zum Beispiel den Kälteschein, Zuschüsse zur Meister Schule oder die Kostenübernahme des Anhängerführerscheins. Das motiviert das Team und die Firma profitiert ebenfalls!
Felix Sirotek: Wie achtest du auf die Zufriedenheit deines Teams? Gibt es etwas Besonderes, was euch als Team außerhalb des Joballtages stärkt?
Merlin Römer: Grundsätzlich habe ich immer ein offenes Ohr für mein Team. Wir führen regelmäßig Personalgespräche und haben generell ein sehr offenes Arbeitsklima. Das möchte wir genauso beizubehalten. Darüber hinaus veranstalten wir bei gutem Betriebsergebnis im folgenden Jahr eine Incentive-Reise, um den Teamgeist noch mehr zu stärken, die Mitarbeit wertzuschätzen und sich auch privat auszutauschen. Zuletzt waren wir in Kroatien. Die schönen Erinnerungen schweißen uns bis heute weiter zusammen.
Diese Einblicke in Merlin Römers Elektrotechnik-Betrieb sind für Euch hoffentlich hilfreiche Tipps, um für die Zukunft des Handwerks und gegen Mitarbeiterfluktuationen gewappnet zu sein. Denkt vielleicht auch schon einmal über den nächsten Betriebsausflug oder das anstehende Sommerfest nach – das Team wird sich mit Sicherheit freuen!